Totalitarismus und Demokratie
Am falschen Ort? Kindheit, Trennung und Gewalt im 20. Jahrhundert / Displaced – Misplaced? Childhood, Separation and Violence in the 20th Century
Totalitarismus und Demokratie - aktuelles Heft: Jahrgang 20, 2023, Heft 1
Am 24. Februar 2022 begann Russland offiziell einen Krieg gegen die Ukraine, nachdem schon seit 2014 im Anschluss an die völkerrechtswidrige Annexion der Krim ein gravierender Konflikt in der Ostukraine schwelte. Kurz nach Kriegsbeginn 2022 verbreiteten sich Gerüchte, dass ukrainische Kinder – zumeist aus Waisenheimen – nach Russland gebracht würden, um sie russischen Familien anzuvertrauen, die aus ihnen “echte” Russen machen sollten – ohne dass verbleibende Eltern oder andere Verwandte der Kinder um ihr Einverständnis gebeten worden wären. Diese Gerüchte wurden mittlerweile bestätigt und durch das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) auf das Schärfste verurteilt. So wie derzeit in der Ukraine wurden Kinder in vielfältiger Weise zu Leidtragenden von modernen Kriegen. Diese Trennungen haben eine lange Geschichte, sind aber zugleich ein besonderes Signum der Kriege des 20. und frühen 21. Jahrhunderts. Doch es waren nicht nur Kriege, die Kinder aus ihren gewohnten Lebensbezügen rissen und in fremde Welten katapultierten. Kinder von ihren Geburtseltern und -familien zu trennen, lässt sich fast als eine Art dunkle Begleitmelodie des 20. Jahrhunderts fassen, deren potentielle – physische und psychologische – Zerstörungskraft erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunehmend in den Blick geraten ist Das Themenheft lenkt den Blick auf den Zusammenhang zwischen der Trennung der Kinder von ihren Eltern und dem Erleiden von physischer Gewalt und/oder dem Erfahren dieser Trennung als emotionaler Gewalt.
Die von Bettina Hitzer und Friederike Kind-Kovács verfasste Einleitung ist online frei zugänglich. Für die deutsche Fassung hier, für die englischsprachige Fassung hier.
Inhalt:
Natalia Aleksiun:
“It is a Matter of Life and Death”: Jewish Child Survivors and the Trials of Separation After the Holocaust (S. 37–52)
Thomas Beddies:
Reconstruction Without Reform? Child and Adolescent Psychiatry in Berlin After 1945 (S. 53–74)
Johanna Sköld:
On the Challenge of Historicizing Violence: Conflicts in State Redress for Historical Abuse of Children in Out-of-home Care (S. 75–91)
Sarah Meyer/Johannes Richter:
Separation as Policy and Experience: Interim Findings of the Hamburg Research Project on Sent-away Children (S. 93–118)
Zu den Abstracts hier