FACHBEREICH GESCHICHTE, ETHIK UND THEORIE DER MEDIZIN

Geschichte der Adoption

Die Geschichte der Adoption von Kindern (1945/9-2000)

(Laufzeit: 02/2021-01/2026)

Die Frage nach der Zugehörigkeit zu einer Familie, zu einer ethnischen oder religiösen Gruppe oder zu einem Staat ist immer brisant. Der Fokus der derzeitigen Flüchtlingspolitik und die weltweite Zunahme von isolationistischen, nationalistischen und identitären Parteien zeugen davon, wie aufgeheizt dieses Thema sein kann.
Solche Debatten über Zugehörigkeit, Herkunft und Identität spielten eine wesentliche Rolle in der Geschichte der Adoption von Kindern. Hier wurden politische Vorgaben und gesellschaftliche Diskussionen mit psychologischen und medizinischen Annahmen über das gesunde Aufwachsen und die Herstellung familiärer Bindung und Liebe verbunden und in Praktiken übersetzt, die darüber entschieden, welches Kind in welche Familie kam und wie dieses Kind zum „eigenen“ Kind wurde. Zugleich ging es kontinuierlich um Grenzziehungen und Ausschluss: Wer konnte oder durfte kein Kind aufziehen? Wer sollte nicht adoptiert werden? Schließlich bewegte sich die Adoption von Kindern in einem immer wieder neu vermessenen Spannungsfeld: zwischen humanitären Interventionen zum Wohlergehen des Kindes, normativen Vorstellungen über Asozialität und Erziehungsunfähigkeit, den Wünschen elternloser Paare nach einem Kind sowie – in der Bundesrepublik – der Logik eines zunehmend internationalen Adoptionsmarktes.

Dieses Projekt stellt die erste übergreifende Erforschung der Geschichte der Adoption von Kindern in der DDR und der Bundesrepublik bis in die Transformationszeit der 1990er Jahre dar. Es stützt sich auf ein innovatives methodisches Design, das verschiedene Quellengenres und ‑zugänge miteinander kombiniert und u.a. Verwaltungsakten, Dokumente von Adoptionsagenturen, Ratgeber, Kinderliteratur, wissenschaftliche Aufsätze aus Psychologie, Psychiatrie und Sozialarbeit sowie Ego-Dokumenten konsultiert. Ein Teil der Studie basiert auf lebensgeschichtlichen Interviews.

Das Projekt wird gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Kürzere Beiträge

B. Hitzer, Licht im Dunkel? Die Geschichte der Adoption in der Bundesrepublik Deutschland, in: Denken ohne Geländer. Der Blog des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, veröffentlicht 27.01.2022: https://haitblog.hypotheses.org/2297

B. Hitzer/F. Kind-Kovács, Reflections on Children’s Agency (in Migration), in: Migrant Knowledge. Blog GHI Washington, veröffentlicht 05.01.2022: https://migrantknowledge.org/2022/01/05/childrens-agency-in-migration/

B. Hitzer, Das Baby mit dem Schild. Annäherung an eine Geschichte der internationalen Adoption, in: Denken ohne Geländer. Der Blog des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, veröffentlicht 29.09.2021: https://haitblog.hypotheses.org/2036

Veröffentlichungen

Hitzer, B. & Stuchtey, Benedikt (Hg.) (2022), In unsere Mitte genommen. Adoption im 20. Jahrhundert, Göttingen: Wallstein.

Hitzer, B. (2022), Who am I? The Politics of Lying, Not Knowing and Truth-Telling in the West German History of Child Adoption, in: Journal of Family History 47, 3: https://doi.org/10.1177/03631990221079782.

Hitzer, B. und Benedikt Stuchtey (2022), Brennglas Adoption. Zugänge, Fragen und Erkenntnisse der Adoptionsgeschichte, in: dies. (Hg.), In unsere Mitte genommen. Adoption im 20. Jahrhundert; Göttingen: Wallstein, S. 9-27.

Hitzer, B. (2019), Warum lügen? Eine Geschichte der Adoption nach 1945, in: Geschichte und Gesellschaft 45, 1, S. 70-94.

In den Medien

Adelheid Müller-Lissner, Geschichte der Adoptionen in Deutschland: „Man lebte hier lange mit der Illusion der elternlosen Kinder“. Interview mit Bettina Hitzer, Tagesspiegel 28.01.2022: https://www.tagesspiegel.de/wissen/man-lebte-hier-lange-mit-der-illusion-der-elternlosen-kinder-4305688.html

Letzte Änderung: 23.11.2023 - Ansprechpartner:

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