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Vom Städtischen Krankenhaus Sudenburg zum Universitätsklinikum (1891 - 2004)
Projektskizze
I. Zielsetzung
Zielsetzung des Projekts ist es, eine Dauerausstellung auf dem Gelände des Universitätsklinikums der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg zu positionieren, die einen Beitrag des medizinischen Hochschulstandortes im nächsten Jahr darstellen soll. Vor den einzelnen Gebäuden sollen Informationstafeln installiert werden, die die Geschichte der Gebäudekomplexe thematisieren, ihre aktuelle Nutzung erläutern und auf Ereignisse und Lebenswege von Personen, die hier arbeiteten und wirkten Bezug nehmen sollen.
Der zeitliche Rahmen der Aufarbeitung und Darstellung des Projekts soll jedoch nicht auf einen Rückblick über die letzten 50 Jahre beschränkt werden. Denn um die Geschichte des heutigen Gebäudeensembles zu erfassen, ist es notwendig, die Entwicklungsgeschichte des städtischen Krankenhauses Sudenburg mit einzubeziehen, zumal auch die Diskussionen um die Errichtung einer Medizinischen Akademie in Magdeburg bis in die Jahre 1913/14 zurückreichen.
In diesem Sinne leistet das Ausstellungsvorhaben durchaus einen Beitrag zur Stadtgeschichte („Das Medizinische Magdeburg“). Es thematisiert die Krankenhausgeschichte als Sozialgeschichte und vermittelt die Wissenschaftsentwicklung einzelner Disziplinen und Fachgebiete. Es versteht die Gestaltung der Krankenhauslandschaft im öffentlichen Stadtraum als Schnittstelle zwischen Stadt-, Kultur- und Wissenschaftsgeschichte, die als ein allgemeines öffentliches Interesse angesehen werden muss.
Es handelt sich um eine Maßnahme, die im weitesten Sinne unter den Aspekt Verbesserung der Umwelt gefasst werden könnte und zudem auch eine denkmalpflegerische und städtebauliche Maßnahme darstellt, die einen (kulturhistorischen) Informationswert für interessierte Bürger, Patientinnen und Patienten, BesucherInnen wie MitarbeiterInnen und Studierende gleichermaßen besitzt.
Das Medizinische Magdeburg - ein Spezialinventar
Im Rahmen einer ABM-Maßnahme konnte ein Spezialinventar erstellt werden, in dem Quellen aus den unterschiedlichen Archiven (Magdeburger Stadtarchiv, Landeshauptarchiv) zum Thema Medizin in Magdeburg zusammengetragen wurden. Eingang in diese Bestandsaufnahme haben zunächst folgende Bestände des Stadtarchivs gefunden:
1. Stadtarchiv Magdeburg
-
- Magdeburgische Zeitung (seit 1717) - für die verschiedenen Bauphasen
- Fotosammlung incl. 35.000 Negative -
- Kartensammlung
- Adressbücher (ab 1817)
- Sowie folgende Aktenbestände:
- Akten der Altstadt
- Bestand AI 1632-1815
- Bestand AII 1806/15-1906
- Bestand AIII 1906-1936
- Rep 10K (Krankenhäuser und Armendirektion) der Bestand Krankenhäuser und Armendirektion umfasst den Zeitraum 1805 bis 1933. Er ist im Findbuch „Akten verschiedener Herkunft“ verzeichnet. Der Umfang des Bestandes beträgt 8,5lfm.
- Rep 184 Akten und Protokolle der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats
- Rep 38 Gesundheitswesen
- Rep 28 (Personalakten)
- Interessantes Archivgut existiert zudem für die Periode des „Neuen Bauens in Magdeburg“ Anfang des 20. Jahrhunderts, zu den baugeschichtlich bedeutenden Objekten dieser Zeit ist auch die Chirurgische Klinik zu rechnen.
2. Bauaktenarchiv Magdeburg
Durchsicht der Bauakten des städt. Krankenhauses Sudenburg
3. Medizinische Zentralbibliothek - Durchsicht der Literaturbestände
Bestandsaufnahme des medizinischen Traditionskabinetts
4. Stadtbibliothek
5. Universitätsbibliothek
6. Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt (Hegelstraße 25)
7. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
Zu großen Teilen der bereits gesichteten Bestände existieren Datenbank, zudem wird derzeit eine Systematisierung und Verschlagwortung vorgenommen. Die so erfassten Archivbestände stellen einen fundierten Quellenbestand dar, der u.a. für das Ausstellungsprojekt „Vom städtischen Krankenhaus Sudenburg zum Universitätsklinikum“ genutzt werden soll. Darüber hinaus stellt das Spezialinventar einen wichtigen Corpus für weitere wissenschafts- und medizinhistorische Arbeiten dar.
Patientenbilder - Zur Geschichte des Menschen- und Körperbildes des orthopädisch Kranken
Das Forschungsprojekt ist im Grenzbereich der Medizin-, Wissenschafts- und Kulturgeschichte angesiedelt. Es geht um das Menschen- bzw. Körperbild einer Randgruppe, die nach der Jahrhundertwende zunehmend in das Blickfeld von Sozialrefrmern und Medizinern geriet und über gesetzliche Rahmenbedingungen (Preuß. Krüppelfürsorgegesetz 1920) in der Weimarer Zeit der öffentlichen Fürsorge unterstellt wurde.
Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht der umfangreiche archivalische Bildbestand des Oskar-Helene-Heimes (OHH) aus den Jahren 1906-1926. Das Oskar-Helene-Heim, eine der größten orthopädischen Privatanstalten für Kinder und Jugendliche, erhielt in der Weimarer Zeit den Charakter einer Modellanstalt. Das Bildmaterial (Fotos, Filme und Diapositive) diente nicht nur zur Dokumentation von Krankheitsbildern und Therapieerfolgen, sondern war insbesondere für die Vermittlung sozialpädagogischer und didaktisch-moralischer Inhalte im Rahmen der intensiven publizistischen und propagandistischen Tätigkeit des Oskar-Helene-Heimes gedacht.
Diese Bilder von Behinderten transportieren zeitgenössische Sichtweisen und intendierte gesellschaftliche Bewertungen, untersucht werden die konkreten Patientenräume, gefragt wird ebenso nach der Instrumentalisierung und Indienstnahme des orthopädisch kranken Menschen durch Mediziner und Pädagogen. Nicht zuletzt wird thematisiert, in welcher Weise die transportierten Bilder zur Gefährdung der behinderten Kranken im Nationalsozialismus beigetragen haben.
Es wurde ein aus insgesamt fünf Datenbanken zusammengesetztes relationales Datenbanksystem erstellt, das aus einer Bilddatenbank, einer Patientendatenbank, einer Literatur- und Archivaliendatenbank und einer Personendatenbank besteht. In der sogenannten Kreuzdatei fließen alle Angaben und Informationen aus den einzelnen Datenbanken zusammen und es können Verknüpfungen zwischen den Dokumenten der einzelnen Datenbanken hergestellt werden.
Die Methode der Bildbearbeitung wurde in Anlehnung an die von Erwin Panofsky entwickelte Methode des "Bilder lesen lernen(s)" modifiziert und auf unser Bildkontingent übertragen. Diese kunsthistorische Methode der Bildanalyse und Bildinterpretation wird mittlerweile in einigen Wissenschaftsbereichen genutzt.
Zur Zeit enthält die Bilddatenbank insgesamt 537 Abbildungen. In die Patientendatenbank wurden die Angaben zu den Patienten der Jahre 1919-1926 eingegeben; insgesamt enhält die Patientendatenbank für diesen Zeitabschnitt 2.312 Patientendaten. Erstellt wurde darüber hinaus eine Literatur- und Archivaliendatenbank, die derzeit 413 Literaturangaben (zeitgenössische und sekundäre Literatur) sowie Archivmaterialien und Zitationen ausgewählter Textstellen enthält.
Ziel des Projekts ist es, das Bildmaterial in der Form zu erschließen, dass es als Basis für medizinische, sozial- und kulturhistorische Forschung benutzt werden kann und in der Form einer Internetfassung einer breiten Öffentlichkeit zugängig gemacht wird.
Teilergebnisse der Untersuchung konnten bislang in 13 Vorträgen, 3 Posterbeiträgen und 14 Veröffentlichungen vorgestellt werden.